Was macht die Arbeit an Art Café VR besonders interessant?
Die größte Herausforderung war mit Sicherheit, dass wir uns in ein neues Medium hineindenken mussten, um zu verstehen, welche Möglichkeiten aber auch Einschränkungen dieses uns bietet.
Eine große Rolle spielt dabei außerdem der Raum, da man wenig Kontrolle darüber hat, welchen Teil des Raumes sich die Zuschauer:innen gerade ansehen, denn die Blickrichtung ist individuell und maximal durch bestimmte Reize beeinflussbar.
Dass Art Café VR kein klassisches Theaterstück werden sollte, war uns klar, doch an das Hybrid aus Theater, Film und Game mussten wir uns erst herantasten. Art Café ist zwar in erster Linie ein Theaterstück, denn auch wenn alles gefilmt wurde, so war es nicht möglich, zu schneiden, es gibt keine Close-ups oder Ähnliches und alle Szenen geschehen gleichzeitig so wie auf einer Bühne. Den Game-Charakter erhält das Stück dadurch, dass die Zuseher:innen die Handlung mitbestimmen können und selbst Teil des Stückes werden.
Wie ging das Drehbuch schreiben vor sich, Unterschiede zu „normalem“ Buch für Theater oder Film?
Zunächst haben wir den Grundriss des Raumes aufgezeichnet und die Namen aller Rollen auf kleine Zettelchen geschrieben. Nun mussten wir – wie auf einem Spielbrett – diese hin- und herschieben und in Beziehung zueinander setzen. Es war schwierig, die Synchronität der Ereignisse in Einklang zu bringen, deshalb haben wir aufmerksamkeitssteuernde Reize eingebaut, sodass die Zuseher:innen einen Anhaltspunkt haben, welcher Teil des Raumes gerade besonders handlungsrelevant ist, denn es passiert ja alles 360 Grad um die Zuseher:innen herum.
Das Drehbuch für solch ein Stück sieht natürlich ganz anders aus. Wir haben alle parallelablaufenden Handlungen und Dialoge in einer Tabelle organisiert, damit wir sehen konnten, was auf welchem Tisch im Raum passiert wie bei einer Orchesterpartitur.
Der Vergleich mit einer solchen hat uns grundsätzlich geholfen, denn die parallel stattfindenden Geschehnisse im Raum mussten trotz ihrer unterschiedlichen Stimmungen in einem harmonischen Rhythmus zueinander stattfinden.
Welche Herausforderungen gab es im Schreibeprozess?
Es war gut, dass wir das Drehbuch zu zweit geschrieben haben, da sich durch das neue Medium leicht Denk- bzw. Logikfehler eingeschlichen haben, die wir aber gegenseitig korrigieren konnten. Die Schwierigkeit bestand darin, mehrere gleichzeitig stattfindende, komplexe Handlungen synchron zu konstruieren.
Wie nah am Buch konnte man umsetzen?
Grundsätzlich war die Umsetzung sehr nahe am Buch, das hat uns natürlich besonders gefreut, da wir im Schreibprozess scheinbar gut einschätzen konnten, wie so ein Drehbuch aussehen muss, damit es funktioniert. Art Café ist unser erster VR-Stück, insofern kann man sagen, dass es durchaus experimentellen Charakter hat. Selbstverständlich haben wir aber den Schauspieler:innen Raum für ihre persönliche Note und Interpretation der Charaktere gelassen, sodass sie – wenn es nicht handlungsrelevant war – nicht exakt dem Wortlaut aus dem Drehbuch folgen mussten, sondern die Freiheit hatten, sich den ein oder anderen Satz etwas mundgerechter zu legen. Zusätzlich haben wir die parallel stattfindenden Handlungen während der Dreharbeiten ein bisschen auseinandergezogen, um die Geschehnisse insgesamt zu entschleunigen und zuseher:innenfreundlicher zu gestalten.
Dürfen wir auf weitere VR Theatererlebnisse gespannt sein?
An Ideen und Motivation mangelt es nicht!! Wir sind der Meinung, dass Theater im Medium VR viele neue und interessante Möglichkeiten für die Szene birgt. Ein großer Vorteil ist sicher, dass man leichter einen viel größeren Radius von Menschen erreichen kann.
Außerdem könnte die Attraktivität eines neuen Mediums, das vor allem aus der Gaming-Szene bekannt ist, auch in der Kulturvermittlung für jüngere Generationen eine entscheidende Rolle spielen. Wir hoffen, dass der Erfolg für unsere Vision sprechen wird, und freuen uns auf viele weitere VR-Theaterstücke.
Alexandra Leonie Kronberger
Alexandra Leonie Kronberger (*1990, Graz) absolvierte eine Schauspielausbildung, studierte Kunstgeschichte und Germanistik und absolviert derzeit eine Ausbildung zur Nachrichten- und Beitragssprecherin. Sie arbeitet als selbstständige Schauspielerin, Regisseurin, Sprecherin, Autorin und Coachin. Gelegentlich ist sie in Filmproduktionen tätig und stellt dabei ihr vielfältiges organisatorisches Talent unter Beweis. Sie ist Gründungsmitglied und Obfrau des Vereins Hausnummer.
Mag. Anja Robert Duschek
Anja Robert Duschek (*1992, Innsbruck) studierte Germanistik und Romanistik für Lehramt und ist seit 2018 Lehrerin am BG/BRG/SRG Reithmannstraße. In Ihrer Lehrtätigkeit legt sie den Fokus auf Kreativität und arbeitet mit ihren Schüler*innen an Theaterstücken und Hörspielen; darüber hinaus war sie einige Zeit im Eventmanagementbereich tätig. Sie ist Vorstandsmitglied des Vereins Hausnummer und bringt sich vorrangig mit ihren schriftstellerischen sowie organisatorischen Fähigkeiten ein.